13.12.2024

Der hl. Alfons Maria von Liguori

"Alle Heiligkeit und Vollkommenheit beruht auf der Liebe zu unserem Herrn Jesus Christus, unserem Gott, unserem höchsten Gut und Erlöser. Die Aufgabe der Liebe besteht darin, alle Tugenden zu vereinigen und zu bewahren, die den Menschen vollkommen machen."

Am Ursprung der Kongregation der Redemptoristen steht der heilige Alfons Maria von Liguori. Er wurde am 27. September 1696 in Marianella nahe Neapel geboren. Seine Familie gehörte zum vornehmen neapolitanischen Adel.

Alfons war der Erstgeborene und sollte das Erbe der Familie weiterführen und zu neuem Ansehen bringen. Deswegen erhielt er eine umfassende Erziehung in den Geisteswissenschaften, in den klassischen und modernen Sprachen sowie in verschiedenen musischen Disziplinen. Bereits mit 16 Jahren war er Doktor der Rechtswissenschaften und begann danach eine steile und glanzvolle Anwaltskarriere in seiner Heimatstadt Neapel.

Die Weiterbildung im Glaubenswissen und die Pflege der Frömmigkeit wurden trotz des beruflichen Werdegangs nicht vernachlässigt. Freilich ergab sich immer mehr ein innerer Konflikt. Der nicht nur hochbegabte, sondern auch feinfühlige Alfons spürte je länger, desto stärker die Hohlheit des adeligen Lebensstils, die Anmaßung der höheren Schichten, die Eitelkeit des Ehrgeizes und die Unechtheit der Richter und Advokaten.

1723, im Alter von 27 Jahren, erlitt Alfons in einem wichtigen Prozess eine Niederlage. An diesem Tiefpunkt seines Lebens erfuhr er bei der Pflege von Unheilbaren in einem Siechenheim seine Berufung zum Priestertum. Es umgab ihn plötzlich ein helles Licht, und eine Stimme forderte ihn auf, die Welt zu verlassen und Gott zu dienen.

Gegen den massiven Widerstand vor allem seines Vaters stieg Alfons aus seiner bisherigen gesellschaftlichen Welt aus und begann Theologie zu studieren, um sich ganz Gott und den Armen zu schenken. Sein Erstgeburtsrecht hatte er an einen Bruder abgegeben, den Degen des Adelsmannes in einer Kirche deponiert. 1726 wurde er zum Priester geweiht.

Während der ersten Jahre seines Priesterlebens betreute Alfons in Neapel obdachlose und am Rande der Gesellschaft stehende Jugendliche. Er gründete zusammen mit Freunden die sogenannten „cappelle serotine“ („Abendkapellen“). Das waren Zusammenkünfte, bei denen man betete und das Wort Gottes hörte, soziale Aktivitäten plante und gemeinschaftliches Leben pflegte.

Bislang hatte Alfons bei seiner Familie gelebt. 1729 nahm er Wohnung in einem Priesterkolleg von Neapel. Von dort aus machte er seine ersten missionarischen Erfahrungen am Land. Er bekam es dabei mit Menschen zu tun, die viel ärmer und viel verlassener waren als jene, denen er sich in der Stadt widmete.

Eine zweite Berufung erlebte Alfons während eines Genesungsurlaubes nach einer Krankheit in Scala bei Amalfi. Dort begegnete er Hirten und Bauern, die von der herkömmlichen kirchlichen Seelsorge vollkommen vernachlässigt waren. Aus dieser Begegnung erwuchs der Impuls, eine missionarische Gemeinschaft für die benachteiligte Landbevölkerung im Königreich Neapel zu gründen. Am 9. November 1732 realisierte sich dieser Impuls. Bereits im Jahr zuvor war Alfons an der Gründung des Ordens der Redemptoristinnen beteiligt.

Bei seinen Arbeiten und Gründungen ließ sich Alfons von konkreten praktischen Erfordernissen und Notwendigkeiten leiten. Der innere Antrieb der neuen Gemeinschaft sollte sein, das Leben und die Tugenden Jesu Christi möglichst vollkommen nachzuahmen. In der Seelsorgeform der Volksmissionen sollte den Menschen die Liebe des Erlösers nahegebracht werden. Alfons selbst war ein hinreißender Prediger. Seine einfache Sprache war überzeugend. Er hatte die prunkvollen Rhetorik der Rechtsanwälte weit hinter sich gelassen.

1762 wurde Alfons zum Bischof von Sant’ Agatha dei Goti ernannt. Er hatte sich dagegen gesträubt, da er sich zu alt und zu krank fühlte, eine Diözese zu leiten. Nach höheren kirchlichen Ämtern zu streben, war ihm ohnedies zeit seines priesterlichen Lebens fremd. Als Bischof saß er viele Stunden im Beichtstuhl, wirkte als ein „Vater der Armen“ und führte ohne Scheu vor Kosten ein Programm zur Rehabilitierung von Prostituierten durch. Aus einer verwahrlosten Diözese wurde ein geistliches Zentrum der Glaubenserneuerung und der christlichen Liebe. Nachdem er im Jahre 1775 abdanken durfte, verbrachte er den Lebensabend bei seinen Mitbrüdern in Pagani.

Seit seinen Jugendtagen war Alfons Maler, Musiker, Dichter und Schriftsteller. Schon früh begann er, sein musisches Talent in den Dienst der Verkündigung zu stellen. Er malte die Botschaft von der Barmherzigkeit Gottes, von der Erlöserliebe Christi und von der Schönheit der Gottesmutter und sang sie in das Herz der Menschen. Manche seiner Lieder werden heute noch gerne gesungen, so zum Beispiel „Du steigst herab von den Sternen, o König des Himmels“, „Ein Zeichen unserer Hoffnung bist du für uns Maria“ oder „Glorwürdige Königin“.

Seine schriftstellerische Schaffenskraft stellte Alfons ganz in den Dienst der kirchlichen Sendung. Gebet und Liebe, die innige Verbindung mit Jesus Christus und die Erfahrung religiöser Nöte haben ihn zu einem der großen Lehrer des inneren Lebens gemacht. Die Liebe des Erlösers, die er immer wieder selber als machtvolle Kraft der Umwandlung erfahren hatte, leuchtet in seinen Schriften überall durch.

Aus der Feder von Alfons stammen insgesamt 111 geistliche und theologische Werke. Ca. 21.500 Ausgaben und Übersetzungen in 72 Sprachen zeigen, dass er zu den viel und häufig gelesenen Autoren gehört. Seine bekanntesten Werke sind: „Das große Mittel des Gebetes“, „Die Praxis der Liebe zu Jesus Christus“, „Die Herrlichkeiten Mariens“ und „Die Besuchungen des allerheiligsten Altarsakramentes und der Gottesmutter“.

Einen wichtigen Beitrag leistete Alfons auf dem Gebiet der Moraltheologie. Diese Disziplin war ihm aus den Erfordernissen der seelsorglichen Tätigkeit, vor allem aus der Beichtpraxis, zugewachsen. Er lehnte den sterilen Legalismus ab, der die Theologie seiner Zeit zu ersticken drohte, und verwarf den strengen Rigorismus – die Lehrmeinung einer mächtigen Elite. Nach Alfons waren dies Wege, die den Zugang zur Frohbotschaft verschlossen, denn „solche Strenge hat die Kirche weder gelehrt noch praktiziert“.

Theologische Betrachtung soll im Dienst der Größe und Würde der menschlichen Person, des Gewissens und der göttlichen Barmherzigkeit stehen. Die Beichtväter sollen ihre Hauptberufung darin sehen, in der Nachahmung der geduldigen, heilenden Liebe Jesu das Erbarmen Gottes sichtbar zu machen. Wenn man der alfonsianischen Morallehre in der liberalen Theologie seit dem 19. Jahrhundert oftmals allzu kasuistische Enge vorgeworfen hat, sollte man nicht vergessen, dass sie in ihrer Zeit eine beträchtliche Weiterführung herkömmlicher Vorstellungen bedeutete.

Alfons Maria von Liguori starb im 91. Lebensjahr am 1. August 1787 in Pagani. 1816 wurde er selig- und 1839 heiliggesprochen, 1871 erhob Papst Pius IX. den „hervorragendsten und mildesten unter den Moraltheologen“ zum Kirchenlehrer. 1950 wurde er durch Papst Pius XII. zum Patron der Beichtväter erklärt.

Pater Martin Leitgöb