28.03.2024

Klemens-Messe an der österreichisch-tschechischen Grenze

Nachdem die großen Klemens-Feierlichkeiten Mitte März abgesagt werden mussten, startete am Pfingstmontag das Klemensjubiläum 2.0.


Verschiedene Medien haben über den Gottesdienst unter dem Motto "Klemens Maria Hofbauer - Grenzenlos trotz Grenzen" berichtet:

https://ordensgemeinschaften.at/artikel/aktuelles-side/5617-gottesdienst-als-starkes-zeichen-der-einheit

https://www.erzdioezese-wien.at/site/home/nachrichten/article/84310.html

https://www.vaticannews.va/de/kirche/news/2020-06/oesterreich-tschechien-grenze-messe-grenztisch-coronavirus-kunst.html

Hier ein etwas anderer - persönlicher - Bericht:

Es war Samstag, 16. Mai. Tag des hl. Johannes Nepomuk. In Tschechien hatte sich in der Woche vorher eine Bürgerinitiative mit dem Namen „Soboty pro sousedství“ (Samstage für die Nachbarschaft) gebildet. Die meist jungen Mitglieder dieser Initiative wollten sich nicht mit den geschlossenen Grenzen in Mitteleuropa zufriedengeben. Der 16. Mai war ihr erster Aktionstag. An ausgewählten Punkten der Grenze zu Deutschland, Österreich und Polen wurde zu Nachbarschaftstreffen eingeladen. Wenn man schon nicht die Grenze passieren konnte, wollte man sich wenigstens entlang der Grenze mit den Nachbarn treffen. Da ich einige der Aktivisten persönlich kenne, verfolgte ich diese Treffen intensiv über die sozialen Medien. Gerne wäre ich auch selbst an die Grenze zu meiner niederösterreichischen Heimat gefahren, aber das war nicht möglich, da ich am Abend Gottesdienst zu Ehren unseres Prager Kirchenpatrons hatte. Aus dieser Situation heraus entstand noch am selben Abend die Idee, einen Gottesdienst an der tschechisch-österreichischen Grenze zu feiern und damit dem Klemensjubiläum einen neuen Impuls zu geben.

Mit Elisabeth Wolfbauer aus unserer Wiener Maria-am-Gestade-Gemeinde fand ich sofort eine Mitstreiterin. Sie ist eine überzeugte Klemens-Verehrerin und war schon vielfach zu Fuß auf seinen Spuren unterwegs. Ihr gelang es, in Wien und Umgebung eine Reihe von anderen Unterstützern zu finden. Mir oblag es, bei den tschechischen und österreichischen Behörden vorzufühlen, ob ein Gottesdienst an der Grenze überhaupt möglich sei. Zugute kam uns, dass es am tschechisch-österreichischen Grenzübergang Hnanice/Mitterretzbach seit einigen Jahren einen steinernen Tisch gibt, an dem die Grenze mitten hindurch geht. An diesem Tisch also wollten wir feiern. Vor allem die österreichischen Behörden waren meiner Idee gegenüber zunächst zurückhaltend. Mindestens zehnmal hörte ich: „Ja …, aber es darf niemand ohne negativen Corona-Test die Grenze überschreiten, weder in die eine, noch in die andere Richtung, sonst ist Quarantäne fällig“. Etwa einfacher war es in Tschechien. Hier gelanget ich an einen Polizeimajor der Region Südmähren, der sich den Gottesdienst an der Grenze von Anfang an vorstellen konnte, selbstverständlich ebenfalls unter der Bedingung, dass alle Maßnahmen eingehalten würden. Von daher war klar: Es kann kein großer Gottesdienst werden. Wir mussten eher schaumgebremst werben.

Und so machte ich mich am Pfingstmontag in der Frühe von Prag aus auf den Weg zur österreichischen Grenze, durchaus mit einem flauen Gefühl im Bauch. Zugleich aber auch mit Freude: Endlich konnte ich wieder einmal Heimatluft schnuppern, und zwar genau an dem Grenzübergang, den ich schon so oft verwendet hatte. Nach der Absage der Klemens-Feierlichkeiten hatte ich Österreich am 12. März mit dem Zug verlassen, kurz danach wurden die Grenzen dicht geschlossen. Das war eine gefühlte Ewigkeit her! Die Freude wurde dann besonders groß, als ich am Grenzübergang ankam und sich zeigte, dass sowohl die tschechischen wie die österreichischen Polizisten und Soldaten über den geplanten Gottesdienst informiert waren und sich äußerst zuvorkommend verhielten.

Bald kamen dann auch die ersten Besucher des Gottesdienstes: eine in Wien lebende slowakische Familie. „Schön“, dachte ich mir, „die Idee hat Kreise gezogen“. Als nächstes stellte sich ein Mitarbeiterteam der Caritas Znaim ein. Dann kamen der ehemalige österreichische Botschafter in Tschechien mit seiner Familie, ein Team der Caritas Retz, meine eigene Familie, andere Einzelbesucher und schließlich die Pilger aus Wien, welche den Weg zum Grenzübergang vom Bahnhof Retz aus zu Fuß zurückgelegt hatten. Insgesamt wuchsen wir auf eine sehr bunte, altersmäßig sehr gut durchmischte tschechisch-österreichische Gruppe an, die miteinander Gottesdienst feierte - ziemlich genau 50 Leute. Schön war auch, dass ein junger Diakon mitwirkte, der aus der Diözese Opava stammt, aber noch in diesem Jahr für die Erzdiözese Wien zum Priester geweiht wird. Der Tisch, an dem wir feierten, war ein steinernes Symbol dafür, dass die Nachbarschaft stärker ist als alle Grenzen. Als Gottesdienstgemeinschaft waren wir lebendige Zeugen dafür. Es war ein starker Impuls für das Klemensjubiläum 2.0.

Detschsprachiger Teil der Predigt: https://www.youtube.com/watch?v=Brr9scYFVGM&t=15s


Von: Martin Leitgöb